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Das W.I.L.D. Programm

  • Leonas Fiedler
  • 12. Okt.
  • 8 Min. Lesezeit

Teil 1: Einleitung


In meinen letzten Beiträgen über das TVDSB Board habe ich bereits erwähnt, dass die Schulen in Kanada, insbesondere die Banting High School, sehr viele

Schüler-Sozialstunden unterstützt, um eine soziale Kompetenz bei jungen Menschen aufzubauen. Und so kamen wir, zugegebener meine Mama, auf dieses WILD Camp Programm.


Hoch angepriesen von ehemaligen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, sowie von den Lehrern und Lehrerinnen, gingen wir zum ersten Treffens dieses Programms.

Es war im tiefsten Winter. Mühsam stiefelten wir durch das den hohen Schnee und kamen zu einem, doch schon abenteuerlich aussehenden Haus. Dort gab es Gänge nach links und rechts und jeder Raum war gefüllt mit Menschen. Mein erster Gedanke der mir in den Sinn kam war… wie viele werden denn eigentlich teilnehmen? Wir wurden in den Gang nach links geführt und kamen sogleich in einem Versammlungsraum an wo bereits mehrere Schüler samt Eltern Platz genommen hatten. Man konnte sich durchaus erschließen was nun folgte. Es war ein Briefing, eine Unterrichtung dessen was uns dort draußen erwarten wird. Uns wurden mehrere Informationen mitgeteilt die ich hier nicht weiter erläutern werde das wäre nur uninteressantes Gequassel. Am wichtigsten war diese Information: Es gibt ungefähr 70 Schüler*innen die sich angemeldet haben. Doch es werden am Ende nur 18 sein, die an dem WILD Camp teilnehmen können.


Zudem ging es nicht nur darum, soziale Erfahrung zu sammeln und so weiter. Es ging vielen, so habe ich es zumindest mitbekommen, um das Erringen des wichtigsten Bestandteils des Kanadischen Schulwesens...


den Credits


Und an alle Star Wars Fans da draußen, nein es geht hier nicht um Geld.

Der Credit ist ein… klingt witzig… Sammelgegenstand der unausweichlich für alle Schüler

ist. Ich bin mir sicher ich habe das bereits erwähnt deswegen halte ich es kurz. Davon braucht man 30 für einen Schulabschluss. Man sammelt diese hauptsächlich indem man erfolgreich Kurse, also Fächer in den Semestern abschließt. Aber man kann sein Konto auch durch andere außerschulische Aktionen wie solche Ferienprogramme füllen. Ich persönlich habe mit den Fächer nächstes Jahr Klasse 12 insgesamt 32. Ich muss mir also keine Gedanken machen.


Die Auswahl erfolgte über ein Bewerberverfahren. Jeder musste ein Bewerbungsvideo einreichen und darin klar machen, warum man am WILD Programm teilnehmen will. Immerhin lief das Programm unter dem Motiv "Leadership". Es ging also darum, sich in sowohl örtlich schwierigen als auch sozialen Stresssituationen behaupten zu lernen. Zudem musste ich noch Reputationen von Mitmenschen einreichen, die mir nahe stehen aber nicht aus meiner Familie sind. Hier noch mal vielen lieben Dank an Herrn Feustel und Heiko, die das für mich gemacht haben. Und so wurde ich einer von 18.


Teil 2: Vorbereitung


Natürlich kann man sich denken das man so einen Trip mit Jugendlichen nicht leichtfertig angehen kann. So ist es nicht richtig zu behaupten: „So wir haben das jetzt einmal besprochen; auf geht's obwohl ihr keine Ahnung von Umgebung, Tieren, von einander oder der Ausrüstung habt.“ Und nicht zu vergessen die Thunderbox. Aber dazu komme ich später. Oder auch nicht. Lieber nicht.... Das solltet könnt ihr gern bei Bedarf Googlen.


Es ging also darum, sich mit der Kanadischen Natur am besagten Ort auseinander zu setzten und sie kennen zu lernen. Ohne vor Ort zu sein. Denn da draußen wird es nix geben als uns selbst und das was wir bei uns haben. Nach dem ersten Kennenlernen kam es zu mehreren Treffen. Zu Beginn wurde die Ausrüstung vorgestellt.

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D.h. wir mussten Zelte aufstellen, Gas-Kocher bedienen lernen, Mülltrennung, wie man Lebensmittel lagert, dehydriertes Essen wieder essbar machen... also rehydrieren. No sh*t Sherlock… Gibt‘s das Wort überhaupt? Egal


Und dann? Was ist wichtig bei Aufenthalten in der Wildnis mit Seen, und so… ? Das Kanu mit allem drum und dran. Beladen, fahren lernen und wie man richtig paddelt und lenkt. Aber auch echtes Kentern durchführen, wie man mit Sachen schwimmt und jemanden anderen der ohnmächtig ist oder Angst hat über Wasser hält bis Hilfe da ist. Wie man wieder in ein Boot auf offenem Wasser kommt und die Sachen einlädt ohne erneut zu kentern weil das sehr Kräfte zehrend ist. Und nichts ist schlimmer, als keine Kraft mehr zu haben und noch im Wasser zu sein. So rettet man nämlich erst sich ins Boot BEVOR man die Sachen zusammensucht und einlädt. Dazu muss alles schwimmbar verpackt sein.


Also hieß es auf die Boote und den See und los. Das war richtig interessant und hilfreich!!!


Es gab mehrere Meetings und der Gleichen aber ich kann hier nicht alles auflisten sonst wäre dieser Blog VIIIIEEEEELLLL zu lang oder ich müsste ihn in WILD Camp Vorbereitung umbenennen. Also kam es schlussendlich zu dem besagten Tag.


Naja Tag… hust hust… eher Nacht. Wir mussten alle um 5 Uhr eintrudeln. In den Ferien wohlgesagt. Ich bin im Sommer wohl noch nie im Dunkeln aufgestanden. Jetzt war es soweit.


Das WILD Camp: Der Beginn


Am frühen Morgen des 6. Juli sollte es also los gehen. Ich stand um 4 Uhr auf und wir überprüften noch einmal ob wir alles haben und dann ging es los. Ich verabschiedete mich noch von Mama und Madita und dann fuhren Papa und ich zum Westminster Pond, um dort die Reise zu starten.


Der Abschied war tränenreich, bei allen... nun gut nicht allen. Manche hatten ihre Kinder auch einfach nur abgesetzt. Müssen die Wissen. Gegen 7 Uhr war alles im Bus verladen und los gings. Das war übrigens ein ausrangierter Schulbus mit klapprigen Sitzen und nur noch älter als der Bus war wohl der Fahrer selbst.


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Jedenfalls ging es nun nach Norden.


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Man kann deutlich erkennen, der ist schon ein gutes Stück weg.


Es folgten also rund 5-6 Stunden Fahrt mit dem Bus gen Norden, um die Reise zu beginnen (mit obligatorischem Stau um Toronto und Pause). Das Gefühl von schwellender Einsamkeit kam mir schon vom ersten Moment an über meinen Rücken gekrochen. Es war so als fehlte etwas. Nur wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht was es denn genau ist. Ich entschied, nicht weiter darüber nachzudenken. Schließlich ging es hier darum zu der Gruppe zu finden und nicht die Tränen an der Wange. Ein Gemeinschaftsgefühl zu festigen auch in widrigen Situationen.

So verlief die erste Stunde der Fahrt sehr ruhig, doch dann begann das Eis aufzutauen und wir kamen alle immer mehr ins Gespräch. Das ging bis zum Ende so was die Reisedauer von 6 Stunden vom Gefühl her erheblich verkürzte.


Hier habt ihr einen Überblick über unsere Route:

Day

Route Segment

Paddle (km)

Portage (m)

Campsite

1

Kennisis Dam—> Red Pine Lake

3km

0

Red Pine Lake

2

Red Pine Lake—> Clear Lake

5km

210

Clear Lake

3

Clear Lake —> Big Hawk Lake

6km

446

Big Hawk Lake

4

Big Hawk Lake —> Nunikani Lake

7km

651

Nunikani Lake

5

Nunikani Lake —> Sherborne Lake

8 km

1.058

Sherborne Lake

6

Sherborne Lake —> Wren Lake

9km

813

Wren Lake

7

Wren Lake —> WP EEC (by Bus)

6km

-

-


Das war grob unser Plan. Am Ende aber wurde es etwas anders. Nicht von der Gesamtlänge aber wir hatten Glück, da das Wasser um ungefähr 30 cm angehoben war, was uns Routen durch Sümpfe ermöglichte, die anderweitig unpassierbar gewesen wären. So hatten wir nur 2 Tage in denen wir einen Portage bewältigen mussten. Aber die waren die Hölle auf Erden. Hätte ich gewusst was das für ein Tag werden wird. Aber es sind die Herausforderungen an denen wir wachsen. Nech? Übrigens eine Portage ist eine Strecke meist zwischen zwei Seen, über die man Ausrüstung und Boot durch die Wildnis tragen muss.


Der erste Tag war sehr simpel. Wir stiegen nach der langen Fahrt aus, holten die Kanus und unsere Sachen vom Bus und Transporter und es ging los. Es hat sich gut angefühlt, die Reise zu beginnen und in der vor Euphorie geschwängerter Luft konnte man eine Übermenge von Adrenalin in sich selbst und den anderen nachvollziehen.


Um den ersten Tag zusammenzufassen. Es war ein seltsames Gefühl so weit weg von Zuhause zu sein. Und so machte sich das Heimweh bemerkbar. Doch was dann folgen wird, hätte ich niemals gedacht.


Das WILD Camp: Heimweh


Wie ich bereits vorher erwähnt hatte, folgte nun etwas, was ich eigentlich viel später in diesem Camp erwartet hätte… Tränen und Kummer.

Möglicherweise gab mir das Unwetter und der aus Eimern strömende Regen, der uns am Abend des ersten Tages überraschte, noch den letzten Rest. Doch ich konnte meine Augen hier nicht kontrollieren. Ich wollte wieder nach Hause.

Zum Glück begann die Routine um mich abzulenken. Aufstehen um 7 Uhr, dann frühstücken und danach zusammen packen. Und schon ging es wieder los. Kein Platz für Trübsal blasen. Die Paddelei in einer wundervollen Umgebung. Die Kulisse war einfach irre schön.

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Hier stimmte das Datum nicht ganz. Und nein... das ist nicht das Loch Ness Monster und auch kein Walrücken auf dem Bild :)


Diese eine Sache, die ich an meinem ersten Tag bemerkte, dieses Heimweh, kann ich mir im Nachhinein eigentlich gut erklären. Ich war allein. Mit teilweise noch vollkommen fremden Menschen über die ich kaum was wusste. Es war schlechtes Wetter und das Schwerste, meine Familie war etwa 500km entfernt. Tja, dass war echt mal was anderes.


Das WILD Camp: Der Triumph über die Traurigkeit


Am dritten Tag war ich an der Reihe. An der Reihe mit was, fragt ihr euch gerade sicher.

An der Reihe mit Frühstück machen. Und was gab es an diesem Tag? Blaubeeren Pancakes. Dank europäischem Einfluss habe ich daraus lieber Blaubeer-Eierkuchen gemacht. Was war das Feedback dazu? Es schmeckt deutlicher besser als die dicken, kuchenartigen Pancakes, da der Teig in der Mitte nach dem braten auf einem Camping-Gas-Kocher kein flüssiger Teig mehr war. Screw you American Pancakes!!!

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Auf diesem Bild seht ihr die ersten Versuche würde ich es mal nennen von unserem Frühstück. Die darauf folgenden Exemplare waren deutlich besser. Das waren dann ja auch Eierkuchen und alle wollten Nachschlag.


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Das WILD Camp: Die Zeit der Euphorie


Eine Sache, worüber ich mich bis heute freue, war ein ganz besondere Moment am 3. Tag, in dem die Natur des Menschen sich wieder einmal bewahrheitet: Der Mensch fühlt sich schlecht sobald er alleine ist. Und warum? Weil es früher... also gaaaanz früher lebensgefährlich war. Stämme die zusammenarbeiteten haben überlebt, die die sich zerstritten oder Konflikte nicht lösen konnten und bekriegten starben. Sollten sich heute auch noch so manche zu Herzen nehmen.

So ist es essenziel bei so einem Trip jemanden oder mehrere zu haben, mit denen man arbeiten, Zeit verbringen und reden kann. Und einer dieser Personen, die mir aus meinem Heimweh-Rabbit-Hole heraushalf, war Mr. McIntosh.


Vielleicht war der Schlüssel, um endlich den Kummer in mir zu beenden, einfach darüber zu reden. Und so hatte ich das Glück, dass ich mit Mr. McIntosh zusammen am nächsten Tag bis zur nächsten Camp-Stelle gepaddelt bin. So konnte ich all meine Sorgen loswerden. Es war als würde ein riesiger Stein von meinem Herzen fallen.


Danach begann die schöne Zeit des Camps, denn ich konnte all das Schöne hier endlich ganz und gar genießen.

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In etwa so.


Das WILD Camp: Fazit und Erfahrung


Wenn ich jetzt zurück blicke, jetzt gerade in diesem Moment wo ich an meinem Arbeitstisch sitze und an den Leonas von vor dem WILD Camp denke, dann bin ich so froh, dass ich ein Teil davon sein konnte. Ich habe nicht nur einen Credit bekommen, ich konnte die unberührte Natur von Kanada sehen. Mich mit anderen Menschen austauschen, habe mein Kanu-Abzeichen bekommen und noch vieles mehr. Ich würde jedem, der die Chance hat so etwas zu tun, es nur wärmstens empfehlen. Denn davon werdet ihr euer ganzes Leben lang erzählen.


Damit alles Gute und habt nette Leute um euch.


Tschüssii.














 
 
 

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